BlogbeitragTeil 2 | Führungskräfte brauchen keine Gefühle? Gefühle fühlen – Emotionen verstehen

Teil 2 | Führungskräfte brauchen keine Gefühle? Gefühle fühlen – Emotionen verstehen
Wenn die vielen, oft gestressten, unter Druck stehenden, erfolgshungrigen Menschen in den Führungsetagen wüssten, wie viel Potenzial in Gefühlen und Emotionen steckt, wie sinnlos meist ein Pokerface ist und wie viel unsere Gefühle über uns verraten – sie würden dieses Wissen und diese Skills nicht einfach den Frauen überlassen und die Welt wäre eine andere. WORD!
  • In meinem ersten Blogartikel bin ich diesen Fragen nachgegangen.

    • Warum ist das Thema „Gefühle fühlen – Emotionen verstehen“ so spannend?
    • Was sind Gefühle eigentlich und was sind Emotionen?
    • Warum gibt es Gefühle?
    • Was sind die Herausforderungen beim Fühlen?
  • ​Warum sind Gefühle und Emotionen auch in beruflichen Situationen so wichtig und wertvoll?

    Wie viele von euch habe auch ich von klein auf und jahrelang gelernt, dass man Privates und Berufliches trennen soll. Dass wir in Meetings einen klaren Kopf behalten sollen, uns an die Fakten halten und mit dem emotionalen Quatsch aufhören müssen, rational bleiben und uns auf das Wichtige fokussieren sollen. Dann wird das Pokerface aufgesetzt, ohne im Blick zu haben, dass wir über unseren Körper mehr kommunizieren, als uns lieb ist. Wir machen uns stärker als wir sind, geben uns überzeugter als es sich gut anfühlt, gehen über unsere Gefühle hinweg, weil wir glauben, als schwach zu gelten. Weil Gefühle als Argumente nicht taugen. Und unsere Gefühle haben längst das Geschehen übernommen.
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  • Wir möchten als Menschen in unserer Gesamtheit wahrgenommen werden, mit allem was wir mitbringen, auch mit unseren Gefühlen. Wenn wir uns nicht gesehen fühlen, wenn unser Chef oder unsere Vorgesetzte nicht mal die Frage: „Wie geht es dir?“ über die Lippen bringt, wenn unsere erst zaghaften und nach und nach lauteren Hilferufe nicht gehört werden, unsere Belastung, Überforderung, Not nicht gesehen werden, kündigen wir. Erst innerlich und früher oder später auch offiziell. Je nachdem, wie wir gelernt haben, durchzuhalten oder für uns zu sorgen.

    Wenn Promis und (für Einige) gesellschaftliche Vorbilder wie Berti Vogts tönen: „Hass gehört nicht ins Stadion. Die Leute sollen ihre Emotionen zu Hause in den Wohnzimmern mit ihren Frauen ausleben.“ prägt das ganze Generationen.

    Aber wie kann man etwas trennen, das so sehr zusammen gehört? Wir sind schließlich EIN Mensch, der immer alles, was ihn ausmacht, überall mitbringt. Wir lassen ja nicht eine Hälfte zuhause. Alles was wir können, wie wir denken, was wir fühlen, haben wir stets bei uns und bringen wir zur Arbeit mit. Unsere Erfahrungen trennen nicht in privat und beruflich. Wir nutzen schließlich auch private Erfahrungen im Berufsleben und umgekehrt. Wieso sollen wir das ausblenden. Und vor allem – wieso sollten wir das nicht nutzen? Wenn doch Gefühle Seismografen für so Vieles sind. Übrigens ein wichtiges Thema für Führungskräfte, aber darüber schreibe ich demnächst mal.
  • Was kann ich konkret machen, um Emotionen zu verstehen?

    Gefühle entstehen im Unterbewusstsein anhand unserer Gedanken. Schaffst du es positive Gedanken zu einer Situation zu entwickeln, so stellen sich auch positive Gefühle ein. Dr. Carlotta Welding bietet im Buch einige Übungen zur Emotionsregulierung sowie einen Selbsttest an, wo wir im Umgang mit Emotionen stehen.
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  • Spannend ist auch, dass nicht alle Gefühle etwas mit einer aktuellen Situation zu tun haben müssen. „Es gibt Emotionen, die wir aus der Vergangenheit (sowohl der eigenen als auch der menschheitsgeschichtlichen), als sie uns möglicherweise nützlich waren, in die heutige Zeit übernommen haben, in der sie nicht mehr angemessen sind.“

    Gesunder Umgang mit Gefühlen heißt, du nimmst dich selbst wichtig – und du nimmst dich selbst wahr. Jetzt kommen vielleicht so Sätze in dir hoch wie: „Man soll sich selbst doch nicht so wichtig nehmen.“ oder „Menschen, die sich selbst so wichtig nehmen, sind egoistisch.“

    Es ist wichtig, diese bei Haltungen – „sich selbst wichtig nehmen“, also Selbstfürsorge und Egoismus – auseinander zu halten. Wobei man vielleicht ergänzen muss, dass Egoismus erst einmal neutral wertfrei ist. Wir haben ihn nur gesellschaftlich anerkannt in eine Ecke mit Selbstsucht und Rücksichtslosigkeit gleichgesetzt. Es gibt aber auch den gesunden Egoismus, der bewirkt, dass du dich gut um dich selbst kümmerst und auf deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse achtest. Der eher synonym steht für Selbstfürsorge.
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  • Egoismus ist eine Haltung, die gekennzeichnet ist durch das Streben nach Vorteilen und Wunscherfüllung für die eigene Person, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse und Ansprüche anderer.

    Unser Kopf hat die Sprache. Damit drücken wir aus, was wir denken. Wir erzählen meist recht viel – mündlich und oft auch schriftlich. Gefühle sind die Sprache unserer Seele, unseres Herzens, all dem, was nicht Kopf ist. Und das ist ein überraschend großer, wichtiger Teil, der aufgrund seiner Unsichtbarkeit oft unterschätzt, nicht beachtet oder in eine Esoterik-Schublade gesteckt wird, mit der erfolgreiche, kühl und kritisch denkende Menschen bloß nicht in einen Topf geworfen werden. Auch mir geht es manchmal so, wenn mir Dinge fremd sind, Angst machen, zu unglaublich scheinen. Dann fehlt mir vielleicht der Mut, die Offenheit oder auch Neutralität, den Dingen überhaupt erstmal eine Chance zu geben, sie wertfrei kennen zu lernen.

    Aber zurück zu unseren Gefühlen: Schenk deinen Gefühlen Aufmerksamkeit, den positiven und angenehmen ebenso wie den weniger schöner Gefühlen, weil sie uns immer etwas Wichtiges mitzuteilen haben. So wichtig, dass wir öfter zuhören sollten und vor allem mit ihnen lernen.
  • Warum ist es wichtig, einen gesunden Umgang mit Gefühlen zu lernen?

    Ein Beispiel aus dem Alltag…

    …dass dir oder bei Freunden vielleicht so oder in ähnlicher Form bekannt ist. Du hast enormen Druck und immer wieder neue Herausforderungen – vielleicht auf der Arbeit, vielleicht im gesamten Kontext deines Lebens – und Angst. Angst, nicht den Erwartungen anderer zu entsprechen, Angst, nicht zu genügen und Status, Komfort, Anerkennung, Liebe oder Zukunft zu verlieren. Statt dich mit deiner Angst zu beschäftigen, zu verbinden und IN dieses Gefühl zu tauchen, auf der Suche nach Botschaften, Anhaltspunkten, Antworten, die das Gefühl dir möglicherweise vermittelten kann, z.B. woher die Angst kommt und was vielleicht zu viel, zu unpassend, zu irgendwas ist, schaltest du vom Bauch, Hals oder Herz in den Kopf. Du möchtest die Angst nicht mehr spüren, sie ist lästig, unangenehm und hinderlich. Sie ist bedrohlich. Du gehst drüber hinweg, mit einer dir bekannten und vertrauten Strategie. Du bewahrst einen kühlen Kopf, setzt dein Pokerface auf, atmest vielleicht tief durch und je nachdem welche Glaubenssätze dich geprägt haben, machst du weiter, auch über deine Grenzen und deine Gefühle hinweg. Vielleicht kommst du damit eine Weile oder sogar dein Leben lang damit durch und bist damit erfolgreich. Vielleicht raubt es dir aber auch viel Energie. Immer ein bisschen mehr. Bis du irgendwann ausgebrannt bist, keine Lust mehr auf irgendwas hast und dich fragst, was eigentlich mit dir los ist. Manchmal sind es auch Panikattacken, die dich aus „heiterem Himmel“ lähmen. Spätestens dann möchte die Angst gesehen werden und zwingt dich mit aller Macht DEINE Themen anzugehen.

    Die beschriebene Situation wirkt für dich vielleicht zu extrem, zu negativ, zu unrealistisch? Dann ersetze Angst, durch Wut oder Verzweiflung oder etwas, was du vielleicht selbst gerade fühlst.
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  • Also … jedes Gefühl bringt eine Botschaft mit sich. Sie sind somit ein hilfreicher Wegweiser, um ein erfülltes Leben führen zu können. Unsere Gefühle bereichern unser Leben auf vielfältigste Art und Weise. Dr. Carlotta Welding bringt es auf den Punkt:

    „Gefühle sind letztlich der Grund am Leben zu bleiben.“


    Nichtfühlen kostet viel Kraft. Wenn du Gefühle unterdrückst, brauchst du dafür viel Energie, die dir an anderen Stellen fehlt. Und es gibt keine Gewähr, dass du sie im Zaum halten kannst. Ich finde das Bild vom Kessel, der immens unter Druck steht, immer sehr hilfreich. Die Gefühle sind ja da, sie stauen sich an, und dann braucht es nur eine Situation, ein Satz, ein Wort und der Kessel explodiert. Bestimmt habt ihr im Laufe des Lebens so eine Situation schon mal selbst oder bei anderen erlebt. Gefühle zu unterdrücken macht uns auf Dauer krank.
  • Warum fällt uns der Umgang mit unangenehmen Gefühlen so schwer?

    Viele Menschen sind in einem Umfeld aufgewachsen, in dem negativ konnotierte Gefühle wie Ärger, Traurigkeit oder Angst – und manchmal sogar positiv konnotierte Gefühle wie Liebe oder Freude, nicht gezeigt werden durften. Im Laufe der Jahre stellt sich bei vielen Menschen der Zustand ein, in dem diese verbotenen Gefühle schließlich nicht einmal mehr gespürt werden. Unsere Psyche ist erstaunlich erfinderisch. Stattdessen werden die verbotenen Gefühle dann oft durch erlaubte Gefühle ersetzt. So spüren viele Menschen Ärger an Stelle von Traurigkeit. Oder umgekehrt: sie sind regelmäßig traurig, wenn die meisten Menschen ärgerlich wären.

    Wichtig ist: Jedes dieser Gefühle ist ein wichtiger Hinweis. Du darfst jedes dieser Gefühle haben, unabhängig von deinem Geschlecht, Alter, Beruf, Herkunft, Nationalität, religiöser Zugehörigkeit oder wie arm oder reich du bist. Gefühle sind einfach da. Und sie sind wunderbar.
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  • Was macht die Bewertung von Gefühlen mit uns? Gute Gefühle – schlechte Gefühle?

    Unsere Gesellschaft trennt gerne gute von schlechten Gefühlen. Doch alle unsere Gefühle haben ihren Sinn, so gesehen gibt es deshalb keine schlechten Gefühle. Folglich ist es auch völlig in Ordnung, die Gefühle zu empfinden, die mit eher negativen Lebensmomenten verknüpft sind.

    Umgekehrt ist es erstrebenswert, die positiven Umstände zu suchen und bei ihnen zu bleiben. Doch nicht immer hast du die Macht über deine Lebensumstände. Immer wieder wird es etwas geben, das in dir die verschiedenen Gefühle auslösen wird. Aber das ist das Risiko des Lebens. Und wer sich was traut, wird belohnt. In diesem Sinne: Fühlt was das Zeug hält, zeigt Emotionen, bleibt gut mit euch selbst und mit eurer Welt in Verbindung. Am Ende ist dies das größte Geschenk, dass ihr euch selbst machen könnt – privat und im Business.

    Eure Jana