BlogbeitragBalance finden – aber wie? Happy New Year statt einfach nur Folge 3 der Corona-Staffel

Balance finden – aber wie? Happy New Year statt einfach nur Folge 3 der Corona-Staffel
Zum Jahresanfang und Auftakt dieses schönen neuen Jahres 2022 wollte ich für euch einen Blogbeitrag schreiben… mit neuem Schwung und in der Hoffnung auf ein weniger anstrengendes, weniger unsichereres, weniger enttäuschendes Jahr. Ein Jahr, das uns in vielen Bereichen Entlastung, Freude und wieder etwas Freiheit bringt. Mut machen wollte ich, was Kurzweiliges schreiben, unterstützend wirken.

Ich blätterte durch Bücher und Zeitschriften und legte sie wieder weg, hörte in Podcasts und wunderte mich, scrollte mich durch LinkedIn und die sozialen Netzwerke auf der Suche nach Inspiration, welche Themen euch, die Menschen um mich herum, beschäftigen, in welchen Situationen ihr so steckt. Manchmal notierte ich mir ein Wort, einen Satz oder Gedanken auf einem meiner bunten Post-its. Dabei blieb es dann.
  • Ich horchte in mich rein, aber meine innere Stimme war im Winterschlaf.

    Es kam keine Antwort, mein inneres Ich blieb seltsam still. Irgendwie schien alles gesagt. Auf allen Kanälen sehe ich Auseinandersetzungen, Erklärungen, Anschuldigungen, andere Erklärungen, vermeintliche Lösungen und die Gegenmeinung gleich hinterher.

    Eigentlich fühlte ich mich nach der kurzen Pause zum Jahreswechsel ganz gut erholt. Für die Kürze der Pause und der Dunkelheit eigentlich ein kleines Wunder. Beim Gedanken an meine Suche nach dem passenden Thema verließ mich die Energie. Dann halt nicht. Erzwingen macht keinen Sinn, weder für mich noch für euch. Also abwarten und Geduld haben, was sich dann vielleicht doch noch zeigen wird…

    Ich war ganz und gar nicht untätig, nahm andere Aufgaben wahr, begleitete Menschen in meinen Workshops, Beratungen und Coachings, löste, ermunterte, stellte viele Fragen und beobachtete. Was hat wirklich Relevanz, was wünschen und brauchen wir und was fehlt uns allen?
  • Und dann kam so langsam die Balance um die Ecke.

    Die Balance ist wirklich schon länger mein Thema. Wer hätte das gedacht. Ich, die lieber die Ausnahmezustände bevorzugt, die warm lief, wenn es kritisch wurde… Aber ich habe sie über die Jahre zu schätzen gelernt. Balance einfach als Zustand der Ausgeglichenheit.

    Balance ist Physik, Energie, Aktivität und Innehalten zugleich, der Tanz mit dem Leben, der Moment des Innehaltens, manchmal der Rhythmus einer Feder aber auch die Spannung eines Kopfstandes – und immer ein Zustand besonderer Schönheit.
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  • Wer mich kennt und mit mir arbeitet, kennt meist meine neonpinkfarbene Waage, die ich bei Workshops mit mir rumschleppe und symbolisch einsetzte, wenn es um das Visualisieren von Ungleichgewichten geht. Manchmal brauchen wir den Spiegel von außen, dass etwas bei uns aus dem Gleichgewicht geraten ist. Derartige Spiegelungen von außen sind ein Geschenk, weil wir dann manchmal noch selbst – gerade noch rechtzeitig – für die Wiederherstellung der Balance sorgen können.

    Bei meiner Recherche bin ich dabei auf das pharmazeutisch anmutende zusammengesetzte lateinische Wort Äquilibrium gestoßen, dem Zustand, in dem sich einwirkende Kräfte ausgleichen oder schlicht – dem Gleichgewicht. Seine Bestandteile sind aequus (gleich) und libra (Waage/Gewicht). Das was auf uns wirkt, sind eben auch Gewichte, von denen wir uns manchmal trennen sollten.
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  • Das Gleichgewicht im Leben herzustellen, wird vielfach mit dem Begriff „Work-Life-Balance“ definiert. Das Wort und damit verbundene Bild ist für mich allerdings nicht zeitgemäß.

    Zum einen weil das Wort Arbeit an erster Stelle steht, was mich direkt immer wieder zu der Frage führt: „Leben wir, um zu arbeiten? Oder arbeiten wir, um zu leben?“ Leben wir nicht, wenn wir arbeiten? Arbeit ist offenbar etwas, das abseits des „restlichen“ Lebens stattfindet und klar davon getrennt werden muss. Dienst ist Dienst, Schnaps ist Schnaps – Berufsleben und Freizeit wurden früher sehr strikt getrennt. Manche tun es immer noch. Die Realität sieht jedoch inzwischen häufig anders aus – die Durchmischung von Privatleben und Erwerbstätigkeit hat eine gewisse Normalität bekommen. Sind Arbeits- und Privatleben wirklich als Pole zu betrachten, zwischen denen wir uns (möglichst ausgeglichen) bewegen?

    Zum anderen wird nie definiert, wie oder wodurch die Balance zwischen Work und Life erreicht wird. Während die einen von einer zeitlichen Ausgeglichenheit ausgehen, sehen andere den Begriff „Balance“ tiefgründiger und gehen von einem Gefühl der Gleichberechtigung beider Felder aus. Es gibt viele Versuche, die Balance neu zu definieren wie Work-Life-Blending (wenn Arbeit und Leben fließend ineinander übergehen), Work-Life- Romance (wenn sich das Leben und Arbeit verlieben… oder so) und Work-Life-Integration (Möglichkeit flexibel zu arbeiten) als neuen Trend am Arbeitsmarkt
  • Wie geht es dir so mit deiner Balance?

    Wenn ich ehrlich bin, wirken auf mich viele Kräfte, Gewichte und Unsicherheiten. Seit vielen Jahren. Es gehört zu meinem Leben. Sie sind auch Motor, geben Anstöße, lassen mich wachsen und entwickeln. Ich habe gelernt, damit umzugehen, bin bewusster, schneller und besser geworden, die Dinge auszugleichen. Es ist ein ständiges Austarieren, das mal besser und mal weniger gut gelingt. Aber es ist Stress. Es ist Stress, wenn ich nicht sicher weiß, welche Handlungsmöglichkeiten mir zur Verfügung stehen, um aktuelles und späteres physisches und psychisches Wohlbefinden, meine Existenz, meine seelische Balance sicherzustellen.
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  • Durch die Pandemie sind der Stress und die Unsicherheiten definitiv noch mal mehr und größer geworden. Mein gefühlter Vorsprung an Wissen und Routine, wie ich die Dinge händeln und mich in Balance bringen kann, ist aufgebraucht. Im Gegenteil, ich spüre die dauerhafte Überforderung. Unser Gehirn ist seit jeher darauf ausgelegt, Unsicherheiten zu reduzieren. Hirnforscher wissen, dass Unsicherheit zwar ein unspezifisches und sehr subjektives Gefühl ist, aber wenn es gefühlt wird, bei uns allen der gleiche Plan abläuft. Wir haben Stress, unser Hirn schaltet vom Ökomodus in den Beschleunigungsmodus, um mehr Informationen zu verarbeiten, damit wir Lösungen finden, die helfen, den Stresszustand zu beenden. Denn wenn wir dauerhaft gestresst sind, ist unser Risiko für psychische und körperlich Erkrankungen signifikant erhöht.
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  • Bei meiner Recherche bin ich nach langer Zeit mal wieder auf die Stoiker* gestoßen und ihre aufmerksame, rationale Selbstbeobachtung. Und die Unterscheidung zwischen dem, was wir kontrollieren und nicht kontrollieren bzw. beeinflussen können.

    Auch für die Beurteilung unserer eigenen Balance ist die persönliche Beobachtung und Wahrnehmung wichtig. Wir müssen sie spüren, wahrnehmen, wie sie sich verändert und wieder einpendelt.

    Je mehr wir ungewollten Dingen, ungeplanten Umständen und Unsicherheiten ausgesetzt sind, umso mehr müssen wir bewusst unseren Fokus auf die Dinge legen, die wir kontrollieren und beeinflussen können – unsere Innenwelt, Gedanken, Urteile und auch emotionalen Zustände.

    „Für Stoiker hängt ein gelungenes Leben von der Qualität des gedachten und dem pfleglichen Umgang damit ab. Das gilt bis heute.“

    … sagt die Kulturhistorikerin Anna Schaffner über diesen Weg der Psychohygiene. Letztlich sind die Parallelen zur Resilienz klar zu erkennen. Nicht das, was ich erlebe, ist entscheidend, sondern die Haltung, wie ich es bewerte und dem begegne.

    Wenn also Unsicherheit gerade das überwiegende Gefühl ist und mir zu schaffen macht, kann ich mir die Frage stellen, welche tatsächlichen und welche angenommen Bedrohungen damit einher gehen können. Oft ist unsere Fantasie größer, schneller und dramatischer, als sich die Realität entwickelt.
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  • Es geht mir bei der Sensibilisierung für die Balance nicht um eine zementierte Stabilität oder gar Starre.

    Was ich nur im Laufe meines Lebens gelernt habe, ist, dass ein dauerhaftes Ungleichgewicht nicht zu einem glücklichen, erfüllten Leben führen wird. Das Ungleichgewicht kann übrigens ganz unterschiedliche Bereiche betreffen oder auch einfach unterschiedlich wahrgenommen werden. Was für den einen keine große Nummer ist, kann für mich oder meinen Nachbarn eine Existenzbedrohung sein. Deshalb sollten wir bei der Bewertung auch nur bei uns selbst bleiben. Weil wir nie wissen, wie es in unserem Gegenüber aussieht, ob der gefühlte Abgrund sehr tief oder nur ein paar Zentimeter ist und unsere Maßstäbe auch nur für uns selbst gelten.

    Wer mich nun fragt, wie das in echt und praktisch geht mit der Balance, dem gebe ich hier gern noch ein paar persönliche Tipps, Erfahrungen und Gedanken für mehr Balance im Leben mit.
  • Lache
    • Es gibt nicht viel, das glücklicher macht als Lachen. Umgib dich mit Menschen, mit denen du oft und viel Lachen kannst.
     
    Dankbarkeit
    • Versuche, Dankbarkeit als Haltung in dein Leben zu integrieren. Erlebe Situationen aufmerksam und versuch wirklich dankbar für die kleinen Dinge im Leben zu sein. Dein warmes Bett, der Geschmack einer süßen Erdbeere im Sommer, Menschen, denen du wichtig bist und für jeden Tag, den du gesund bist.
     
    Gib dir selbst Raum
    • Das Leben um uns herum ist oft sehr laut. Da kann die eigene Stimme schon mal untergehen. Gib dir und deinen Bedürfnissen regelmäßig aktiv Raum. Höre auf deine innere Stimme und versuch dabei ehrlich zu sein. Sie sagt dir, wenn etwas zu viel ist. Hör auf und verlange nichts von dir, wofür weder Körper, Geist noch Seele bereit ist, dir zu geben.
     
    Atme
    • Atmen verbindet uns mit uns selbst. Unser Atemrhythmus beruhigt, senkt den Blutdruck, stoppt Angst und Panik.
    • Wenn atmen gut funktioniert und du die Wirkung spürst, probiere zu meditieren. Am Anfang geführt. Geht auch über den Bildschirm oder als Sprachnachricht. Wenige Minuten reichen schon aus. Es wirkt Wunder. Versprochen.
     
    Ich-Zeit
    • Finde täglich Zeit für DICH und mach bewusst etwas Schönes. Gönn dir was. Egal wie groß oder klein, kurz oder lang. Je älter du wirst und je größer die Belastung, umso länger darf die Ich-Zeit sein.
     
    Trenn dich
    • Erlaube dir, dich zu trennen. Von Dingen, die zu viel sind, dir Kraft rauben ebenso wie von einem Job oder Menschen, die dir nicht guttun und dich erdrücken oder aussaugen.
     
    Beschenke deinen Körper
    • Bewege dich. Langsam oder schnell, die Hauptsache regelmäßig. Finde einen passenden Sport für dich, dein Alter und deine Lebenssituation passende Bewegungen.
    • Iss dich glücklich. Beobachte genau, welche Lebensmittel dich stärken, die gut tun, welche du gut verträgst und welche dir Kraft rauben und nicht bekommen.
    • Kuscheln, Umarmungen, Sex. Sorge für dich, lass deine Umwelt wissen, was du brauchst. Niemand kann deine Wünsche erraten. Und lass dich nicht einschüchtern, wenn deine Umwelt auf deine Offenheit irritiert reagiert.
    • Spüre, was dir wirklich guttut.
     
    Freunde & Familie
    • Verbringe qualitativ hochwertige Zeit mit Freunden und deiner Familie. Das heißt, wenn du wirklich Lust hast und dir danach ist. Schenke den wichtigen Menschen in deinem Leben Aufmerksamkeit. Sei aktiv und warte nicht, bis sie sich bei dir melden.
     
    Balance finden
    • Versuche eine für dich ausgewogene Mischung zu finden aus leicht und schwer, bekannt und unbekannt, aus Routine und Neuland, damit Wachstum, Entwicklung und Erholung und Entspannung möglich sind in einer für dich gesunden Mischung.
    Probiert es aus, beobachtet euch und messt die Balance an eurem Wohlbefinden. Es gibt so viele verschieden Bücher zu dem Thema, dass es wohl recht komplex sein muss, sonst würde vermutlich eins reichen.
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  • Auch wenn das Jahr schon einen Monat alt, sind die Themen aktuell wie immer. Vertraut euch und dass das mit der Balance wird, wenn ihr Raum gewährt wird, auch wenn Rückschläge euch zweifeln lassen.

    Am Ende geht es immer wieder um die Frage „Was ist mir im Leben wichtig? Und wie viel Energie steht mir zur Verfügung, um dies zu erreichen?“ Ich wünsche euch ein gutes Händchen für eure Balance, um die Energie zu haben, die ihr braucht, für alles was euch wichtig ist.

    Habt ein ausgeglichenes Jahr,
    eure Jana
  • * Die stoische Philosophie wurde ca. 300 v. Chr. begründet. Anhänger der Stoa werden als Stoiker bezeichnet. Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe (Ataraxie) nach Weisheit strebt.Das Adjektiv stoisch bedeutet heute allgemein „gleichmütig“, „unerschütterlich“. Es beschreibt Menschen, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen de.wikipedia.org/wiki/Stoa